Du hast genug vom Gedränge der Massen an Vietnams beliebten Destinationen wie Hoi An oder Sapa? Du brauchst eine Pause vom ununterbrochenen Hupkonzert in den großen Städten wie z.B. Ho Chi Minh City?

Du sehnst dich nach unberührten Landschaften und einmaligen Begegnungen ohne touristische Inszenierung und Kommerzialisierung? Dann lohnt sich eine Reise in das kleine Dorf Na Rang im nördlichen Bergland!

Vietnam abseits von ausgetretenen Pfaden

Grüne Reisterrassen und Berglandschaften in Na Rang, Vietnam

Die meisten Reisenden im Norden haben eher bekanntere Ziele wie Sapa oder Ha Giang auf dem Radar. Aber auch der kleine Bezirk Xin Man zwischen diesen beiden Orten hat einiges zu bieten. Hier liegt unter anderem Na Rang, ein 300-Seelen-Dorf der Tay. Diese ethnische Minderheit macht 2% der vietnamesischen Bevölkerung aus, überwiegend verteilt auf kleine Dörfer im nördlichen Bergland. Die Tay leben vor allem vom Reisanbau sowie der Fisch- und Viehzucht. Sie haben eine eigene Sprache und Kultur.

Das Wort “authentisch” wird oft überstrapaziert, auf einen Besuch in Na Rang trifft es aber wirklich zu. Für manche ähnelt die Atmosphäre hier der des Sapa vor dem Touristenansturm.


Abenteuer Anreise

Schon die Anreise nach Na Rang ist ein Erlebnis. Wenn du mit dem eigenen Motorrad anreist, darfst du dich auf atemberaubende Aussichten über majestätische Bergketten und endlos grüne Täler hinter jeder Ecke freuen. Und auch auf so manches Schlagloch und Schlamm auf der Straße, also wie überall im Norden besser etwas mehr Zeit einplanen als Maps vorschlägt.

Wenn du ohne Motorrad unterwegs bist, bleibt für dich die Anreise mit dem lokalen Bus. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

1. Wenn du aus Hanoi kommst, nimmst du ab der Busstation My Dinh einen Sleeper-Bus in Richtung Ha Giang (190.000 VND). In der kleinen Stadt Viet Quang steigst du dann in den lokalen Bus ein, der dich für weitere 50.000 VND nach Na Rang bringt. Die Reise dauert im ganzen ca. neun Stunden.

2. Wenn du davor in der Gegend um Ha Giang unterwegs bist, kannst du direkt dort in den lokalen Bus einsteigen. Dieser fährt täglich um 12 Uhr mittags, braucht fünf Stunden und kostet 60.000 VND.

Der lokale Bus hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, ist relativ klein und fasst doch mehr Menschen, als du auf den ersten Blick vermuten würdest. Außerdem jede Menge Pakete, denn er fungiert gleichzeitig als Postauto zwischen den Dörfern auf der Strecke. Längere Zwischenstopps unterwegs zum Teetrinken oder Gemüseeinkauf sind keine Seltenheit. Mit großer Wahrscheinlichkeit bist du der oder die einzige Nicht-Einheimische im Bus und daher eine kleine Sensation. Mit etwas Glück finden sich Mitreisende, die ein paar Brocken Englisch sprechen und dich vermutlich direkt zu sich nach Hause einladen.

Bergpanorama in Na Rang im Norden Vietnams

Leben wie die Einheimischen

Die beste Möglichkeit in Na Rang unterzukommen ist meiner Meinung nach der Tho Homestay, ca. 800 Meter von der Hauptstraße des Dorfs entfernt. Hier wohnt die Familie Hoang Duc, bestehend aus den Großeltern Cong und Tho, sowie ihrem Enkel Trung, der den Homestay vor kurzem gegründet hat. Auf der Farm leben außerdem einige Tiere wie Fische, Stachelschweine, Wasserbüffel, Schweine und Hühner.

Tho Homestay in Na Rang, Vietnam

Aussicht vom Zimmer: Tho Homestay in Na Rang, Vietnam

Im Homestay wohnst du mit bis zu sechs anderen Gästen in einem traditionellen Holzhaus auf Stelzen und nimmst unmittelbar am Alltag der Familie teil. Das Frühstück – kleine, süße Pfannkuchen – ist im Preis von 4 Euro pro Nacht inbegriffen, Mittag- und Abendessen können für knapp 2 Euro pro Mahlzeit dazugebucht werden.

Zubereitet wird das Essen aus frischen Zutaten von der eigenen Farm oder aus dem Dorf. Wenn du dich für Ecofarming oder die traditionellen Rezepte interessierst, bist du in Garten und der Küche jederzeit willkommen. Du kannst auch mehr über den Anbau des Grüntees hinter dem Haus erfahren oder dich von der Großmutter in die Kunst der Bambusweberei einweisen lassen. Großvater Tho bietet außerdem geführte Touren zu Fuß oder mit dem Motorrad in die Umgebung an.

Leckeres vietnamesisches Essen in Na Rang

Bedrohte Traditionen

Der 21-jährige Trung hat seinen Homestay mit der konkreten Vision gegründet, etwas zum Erhalt der Kultur seiner Minderheit beizutragen. Denn auch wenn das Leben hier teilweise noch wie eine Zeitreise in die Vergangenheit anmutet und nahezu unberührt vom Rest der Welt scheint, findet doch gleichzeitig ein spürbarer Wandel statt.

Nicht nur die flächendeckende Stromversorgung, die es seit 6 Monaten gibt oder der Zugriff auf schnelles Internet verändern den Alltag der Tay. Vor allem die junge Generation zieht es in die Städte, auf der Suche nach mehr Möglichkeiten und einer besseren Zukunft als in der Heimat. Die wirtschaftliche Lage in den Bergregionen ist schlechter als im restlichen Land, die Minderheiten immer noch oft sich selbst überlassen. Von der Landwirtschaft, die hier Lebensgrundlage für die meisten darstellt, lässt es sich nicht immer gut (genug) leben.

Eine Einheimische im Reisfeld von Na Rang

Zwei Büffel in Na Rang im Norden Vietnams

Diese Entwicklung stellt eine große Bedrohung für die Kultur der Tay (und anderer Minderheiten) dar. Wenn die Menschen gehen, verschwinden die Traditionen mit ihnen. Trung hofft, mit seinem Homestay alternative Perspektiven zu schaffen. Mit mehr Reisenden könnte ein kleiner Aufschwung ins Dorf kommen. Das Ziel ist es keinesfalls, die Landwirtschaft durch den Tourismus zu verdrängen. Trung hofft eher, dass ein Austausch mit Reisenden den Dorfbewohnern einen neuen Blick auf ihre Traditionen ermöglicht, so dass mehr junge Tay den Mut finden, zu bleiben. Und auch die Reisenden können von diesem Austausch jede Menge lernen.

Märchenhafte Umgebung

Mit am beeindruckendsten bei einem Besuch in Na Rang ist sicherlich die atemberaubende Natur der Umgebung. Die sattgrünen Reisterrassen leuchten in der sommerlichen Nachmittagssonne besonders schön, in den verschlungenen Tälern zwischen den imposanten Bergketten findest du glasklare Flüsse und an den Hängen versteckte Wasserfälle.

Lohnenswert ist ein Ausflug zu den Thac Tien Wasserfällen in ca. 30 km Entfernung, auch “Fairy Falls” genannt. Besonders an Tagen, wenn sich der Nebel sanft in die Täler bettet und die Berghänge unterwegs verschleiert, könnte sich so mancher gut vorstellen, dass hier Fabelwesen wohnen.

Wasserfall in Na Rang in Nordvietnam

Näher gelegen ist der Thac Chan Wasserfall, den du auch zu Fuß nach einer einstündigen Wanderung erreichen kannst. Lässt du dich auf eine kurze, anstrengende Kletterpartie ein, wirst du mit einem kristallklaren Wasserbecken in der Mitte des Wasserfalls belohnt, wo es sich traumhaft schwimmen lässt. Das beste daran: hier triffst du meistens keine Menschenseele.

Wasserfall in Na Rang in Nordvietnam

Begegnungen mit der lokalen Kultur

Beim Spaziergang über die Dorfstraße begegnen dir viele neugierige Blicke, freundliches Lächeln und der eine oder andere Gesprächsversuch. Vielleicht wirst du auf ein Glas Reiswein eingeladen oder von den Kindern zum Ballspielen aufgefordert.

Auch ein Besuch auf dem Bauernmarkt im nahe gelegenen Na Chi lohnt sich. Hier gibt es wirklich alles, von Spülmittel über Hundefleisch bis hin zum Smartphone.

Wenn du Glück hast, fällt ein traditioneller Feiertag in deine Reisezeit und du kannst spezielle Festkleidung, Gesang, Zeremonien oder Festmahlzeiten der Tay erleben.

Über die Autorin

Dies ist ein Gastartikel von Katharina Merz. Sie half während ihrer Backpacking-Reise durch Vietnam für einige Wochen im Tho Homestay mit.

Hast du schon mal von Na Rang in Nordvietnam gehört? Oder bist du vielleicht auch schon selbst mal dort gewesen? Schreibe es uns in die Kommentare!

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Gast

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